DL-Algorithmen können aus solchen Ultraschallaufnahmen lernen., Nationales Register | UKM © Nationales Register | UKM

Medizin und Versorgung

Maschinelles Lernen unterstützt Prävention

Künstliche Intelligenz für die Diagnostik der rechten Herzkammerfunktion

Wissenschaftlicher Name der Studie

Utility of machine learning algorithms in assessing patients with a systemic right ventricle.

Dank des medizinischen Fortschritts wächst die Gruppe der erwachsenen Patienten mit angeborenen Herzfehlern kontinuierlich an. Grunderkrankungen wie eine Transposition der großen Arterien (TGA) erfordern allerdings eine lebenslange medizinische Betreuung durch spezialisierte Mediziner und Zentren. So laufen etwa TGA-Patienten, bei denen die rechte Herzkammer die Funktion der linken Herzkammer übernehmen muss, ein erhöhtes Risiko des Herzkammerversagens.

Die Vermeidung solcher lebensbedrohlichen Folgeerkrankungen setzt eine genaue Einschätzung der Funktion der Herzkammer und ihrer langfristigen Entwicklung voraus. Noch stellt deren krankheits- und behandlungsbedingt veränderte Beschaffenheit die Diagnostik vor große Herausforderungen. Abhilfe erhoffen sich Forscher am Kompetenznetz Angeborene Herzfehler vom gezielten Einsatz künstlicher Intelligenz (KI). Eine erste in Kooperation mit dem renommierten Royal Brompton Hospital in London durchgeführte KI-Studie spricht für das Potenzial lernender Systeme bei der Erkennung und Einordnung von Befunden.

  • Kurz erklärt

    Künstliche Intelligenz in der Medizin

    Worum geht es?

    Vom gezielten Einsatz künstlicher Intelligenz versprechen sich die Forscher eine höhere Genauigkeit der Diagnosen sowie verlässliche Informationen über Langzeitverläufe von Erkrankungen, um Therapien und Therapiewege zu verbessern, bislang unheilbare Krankheiten heilen oder zumindest Lebenserwartung und Lebensqualität der Patienten steigern zu können. Dabei handelt es sich um Formen des maschinellen Lernens. Speziell programmierte Rechenvorgänge werten enorme Mengen digital vorliegender medizinisch relevanter Daten und Datenstrukturen aus und errechnen daraus Diagnosen, Langzeitverläufe und Therapiemöglichkeiten. Künstliche Intelligenz bezeichnet dabei die programmierte Fähigkeit der angewandten Algorithmen (Rechenvorgänge) zur Erkennung, Unterscheidung, Einordnung und Beurteilung komplexer Zusammenhänge.

    zuklappen

Präziser als der Mensch

Unter der Leitung des EMAH-Wissenschaftlers Gerhard-Paul Diller hat ein internationales Forscherteam erstmals den Nutzen neuartiger Deep-Learning (DL)-Algorithmen bei der Diagnostik von erwachsenen Patienten mit einem schweren angeborenen Herzfehler nachweisen können. Der speziell für die Ultraschallanalyse von Patienten trainierte DL-Algorithmus erzielte mit 98 Prozent eine leicht höhere Gesamtgenauigkeit bei der Erkennung der korrekten Diagnose als die Testgruppe der spezialisierten Mediziner.

Die Forscher hatten dazu die Bilddaten von Patienten mit einer Transposition der großen Arterien (TGA) nach einer Vorhofumkehr-OP (atriale Switch-Operation nach Mustard oder Senning) sowie von Patienten mit einer so genannten angeborenen korrigierten Transposition (ccTGA), bei der auch die Herzkammern seitenverkehrt angeordnet sind, und von herzgesunden Menschen herangezogen.

Ultraschallaufnahmen von TGA nach Vorhofumkehr-OP. Die rote Kontur wurde jeweils mittels KI basierter Algorithmen automatisch erzeugt. Sie identifiziert die Herzkammer und ist Grundlage der Flächenbestimmung zur Messung der Herzfunktion. © Nationales Register | UKM
Ultraschallaufnahmen von TGA nach Vorhofumkehr-OP. Die rote Kontur wurde jeweils mittels KI basierter Algorithmen automatisch erzeugt. Sie identifiziert die Herzkammer und ist Grundlage der Flächenbestimmung zur Messung der Herzfunktion.
Ultraschallaufnahmen von ccTGA. Die rote Kontur wurde jeweils mittels KI basierter Algorithmen automatisch erzeugt. Sie identifiziert die Herzkammer und ist Grundlage der Flächenbestimmung zur Messung der Herzfunktion. © Nationales Register | UKM
Ultraschallaufnahmen von ccTGA. Die rote Kontur wurde jeweils mittels KI basierter Algorithmen automatisch erzeugt. Sie identifiziert die Herzkammer und ist Grundlage der Flächenbestimmung zur Messung der Herzfunktion.
  • Kurz erklärt

    Deep Learning Algorithmen

    Was sie können

    Deep Learning Algorithmen spielen die Hauptrolle beim maschinellen Lernen, einer der häufigsten Techniken in der künstlichen Intelligenz. Bei DL-Algorithmen handelt es sich um selbstadaptive, das heißt ohne Zutun von außen anpassungsfähige, Rechenvorgänge, die in der Lage sind, vielschichtige Datenstrukturen zu erkennen, auszuwerten und aus ihnen zu lernen, um spezielle Aufgaben oder Probleme zu lösen.

    zuklappen

KI zur Steigerung von Lebenserwartung und Lebensqualität

Für die Segmentierung der Herzkammern, das heißt für die Darstellung der Herzkammern in einzelnen voneinander abgrenzbaren Abschnitten, zur diagnostischen Auswertung wurde das von Forschern der Universität Freiburg entwickelte U-Net-Architekturmodell eingesetzt. „Die präzise Ausdifferenzierung der Befunde der Herzkammern hat unsere Erwartungen noch übertroffen“, resümiert Gerhard-Paul Diller, Oberarzt an der Klinik für Kardiologie III: Angeborene Herzfehler (EMAH) und Klappenerkrankungen am Universitätsklinikum Münster.

Dabei konnte das Forscherteam an Erfahrungen anknüpfen, die durch die erfolgreiche Erprobung solcher künstlichen, dem Nervensystem nachempfundenen, neuronalen Netzwerke etwa bei der Erkennung von Verkehrszeichen gesammelt worden sind. Die angewendeten Methoden künstlicher Intelligenz sollen künftig die Beurteilung der Herzkammerfunktion und ihrer Entwicklung in Abhängigkeit von Grunderkrankung und Therapie erleichtern. Forschungsziel ist die verbesserte individualisierte Vorsorge und Behandlung zur Steigerung der Lebenserwartung und Lebensqualität der Patienten. 

 

  • Wissenschaftliche Details zur Studie

    Erfahren Sie mehr zum Studiendesign, den Materialien und Methoden, sowie zu den Hintergründen der Studie:

    Publikationen

    • 1.8.2019

      Utility of machine learning algorithms in assessing patients with a systemic right ventricle.

      Diller GP, Babu-Narayan S, Li W, Radojevic J, Kempny A, Uebing A, Dimopoulos K, Baumgartner H, Gatzoulis MA, Orwat S

      European heart journal cardiovascular Imaging 20, 8, 925-931, (2019). Diese Publikation bei PubMed anzeigen.

    zuklappen
Diese Studie wurde gefördert durch die EMAH Stiftung Karla Völlm. © EMAH Stiftung Karla Völlm
Diese Studie wurde gefördert durch die EMAH Stiftung Karla Völlm.

Das könnte Sie auch interessieren:


Diese Seite teilen per ...