Es läuft nicht rund mit Ihrem Sexualleben? Damit sind Sie nicht allein. Bei Erektionsstörungen hilft die Beratung mit dem EMAH-Spezialisten., iStockphoto.com | Alessandro Biascioli © iStockphoto.com | Alessandro Biascioli

Medizin und Versorgung | Liebe, Sexualität und Schwangerschaft

Und im Bett? Läuft es nur so mittel?

Ärzte fragen ihre Patienten zu selten nach der Sexualgesundheit

Wissenschaftlicher Name der Studie

Erectile Dysfunction in Men With Adult Congenital Heart Disease: A Prevalent but Neglected Issue

Ein erfülltes Sexualleben trägt maßgeblich zur Lebensqualität bei. Das gilt auch für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH). Doch obwohl der Einfluss der „schönsten Nebensache der Welt“ auf das persönliche Wohlbefinden allgemein anerkannt ist, findet die sexuelle Gesundheit in der medizinischen Betreuung von EMAH noch zu wenig Beachtung wie eine neue Studie auf Grundlage des Nationalen Registers am Kompetenznetz Angeborene Herzfehler zeigt.

Wir kümmern uns zu wenig um das Thema

Einer bundesweiten Umfrage unter 371 Teilnehmern des Nationalen Registers für angeborene Herzfehler zufolge klagen über ein Drittel (43 Prozent) der Männer mit angeborenen Herzfehlern über Erektionsstörungen, darunter 83 Prozent mit mittelschweren bis schweren angeborenen Herzfehlern. „Für das junge Durchschnittsalter der befragten Patientengruppe erscheint uns das im Vergleich mit Zahlen zur Allgemeinbevölkerung recht häufig. Aus verschiedenen Studien wissen wir, dass die sexuelle Aktivität und die Zufriedenheit mit dem Liebesleben eine entscheidende Rolle für die Gesundheit und Lebensqualität von erwachsenen Patienten spielen. Trotzdem kümmern wir uns viel zu wenig um das wichtige Thema “, fasst Erstautorin Alicia Fischer, Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie am EMAH-Zentrum des Universitätsklinikums Münster, das Ergebnis zusammen.

Vielfältige Ursachen

Hinter Erektionsstörungen stecken grundsätzlich vielfältige Ursachen. Organische, psychologische und soziale Einflussfaktoren spielen eine Rolle auch bei herzgesunden Männern. Allerdings wirken sich angeborene Herzfehler anders auf das Sexualleben aus. „Kardiale und extrakardiale Folgeerkrankungen, Funktionsstörungen des Endothels sowie das Risiko lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen können vor allem Männer mit angeborenen Herzfehlern ab 40 Jahren erheblich in ihrer sexuellen Aktivität einschränken“, erklärt Professor Gerhard Paul Diller, EMAH-Spezialist am Universitätsklinikum Münster.

Ängste spielen große Rolle

Doch nicht allein organische Ursachen führen dazu, dass viele Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern unter Erektionsproblemen leiden. Fortgeschrittenes Erwachsenenalter, Singlestatus, Depressionen und Furcht vor sexueller Aktivität aufgrund von angeborenen Herzfehlern erwiesen sich als mögliche Risikofaktoren. „Es geht oft um Ängste. Das lässt sich auch schon bei jungen Männern mit angeborenem Herzfehler beobachten“, sagt Co-Autor und Diplompsychologe Paul Helm. „In unserer Umfrage wurde von den Betroffenen am häufigsten die Furcht vor Herzrhythmusstörungen und plötzlichem Herztod durch sexuelle Aktivität berichtet, und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich ein solches Risiko vorlag.“  

Ein Drittel wünscht sich Initiative durch behandelnden Arzt

Das unterstreicht, wie wichtig die Beratung und Aufklärung durch den EMAH-Spezialisten ist. „Erektionsprobleme sind auf keinen Fall etwas, mit dem man sich abfinden muss. Für die sexuelle Gesundheit lässt sich auch bei angeborenen Herzfehlern in den meisten Fällen etwas tun“, betont Alicia Fischer. Doch das Gespräch zu dem sensiblen Thema wird viel zu selten gesucht. Von hundert betroffenen Patienten sprach nach eigenen Angaben nur jeder Siebte von sich aus sein Sexualleben an. Grundsätzlich würde es rund ein Drittel aller Studienteilnehmer begrüßen, wenn der Arzt die Initiative dazu ergriffe.

Sexuelle Gesundheit muss Teil der klinischen Routine werden

„Angeborene Herzkrankheiten sind chronische Erkrankungen, die der regelmäßigen Nachsorge bedürfen, idealerweise in spezialisierten Zentren. Theoretisch sollte dies die Möglichkeit bieten, eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung aufzubauen, die es den Ärzten ermöglicht, auch sensiblere Themen wie Erektile Dysfunktionen anzusprechen“,  sagt Professor Gerhard-Paul Diller. Die Forscher empfehlen, die sexuelle Gesundheit in die klinische Routine aufzunehmen und besonders Risikopatienten aktiv auf ihr Liebesleben anzusprechen.

  • Wissenschaftliche Details zur Studie

    Erfahren Sie mehr zum Studiendesign, den Materialien und Methoden, sowie zu den Hintergründen der Studie:

    Publikationen

    • 15.3.2022

      Erectile Dysfunction in Men with Adult Congenital Heart Disease: A Prevalent but Neglected Issue.

      Fischer AJ, Grundlach C, Helm PC, Bauer UM, Baumgartner H, Diller GP,

      Korean circulation journal 52, 3, 233-242, (2022). Diese Publikation bei PubMed anzeigen.

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