Medizin und Versorgung
Zwischen zwei und 18: Operation oder Katheter-Intervention?
Neue Studie erforscht bestmögliche Therapie bei Aortenisthmusstenose
Wissenschaftlicher Name der Studie
Arterielle Hypertonie und deren Folgeerscheinungen nach primärer Behandlung einer Aortenisthmusstenose mittels einer Intervention versus einer Operation: bundesweite, multizentrische Langzeitstudie
Die Aortenisthmusstenose zählt zu den häufigeren angeborenen Herzfehlern. Von der Verengung der Hauptschlagader betroffen ist etwa eins von 3.000 bis 4.000 Neugeborenen. Die Herzfehlbildung birgt lebensbedrohliche Risiken. Eine verengte Aorta führt zu erhöhtem Blutdruck und belastet die linke Herzkammer, da diese mehr Pumparbeit leisten muss, um das sauerstoffreiche Blut durch die Engstelle zu transportieren.
Das Herz von Neugeborenen verfügt anfänglich noch über den Ductus arteriosus, den für die Zeit im Mutterleib wichtigen Verbindungsgang zwischen der Aorta und der Lungenschlagader. Kurz nach der Geburt schließt sich dieser von selbst. Bei einigen Kindern jedoch bleibt er geöffnet. Im Fall eines unterbrochenen Aortenbogens oder einer hochgradigen Aortenisthmusstenose ist dies sogar von Vorteil, da dieser Verbindungsgang die einzige Möglichkeit für den Blutfluss in die untere Körperhälfte ist.
Risiko für Herz und Hirn
Hat ein Neugeborenes eine starke Verengung der Aorta oder einen unterbrochenen Aortenbogen, verschlechtert sich sein Allgemeinzustand rasch. Der lebensrettende Eingriff erfolgt daher schnellstmöglich. Handelt es sich dagegen um eine leichtere Verengung wird der Herzfehler oft erst entdeckt, wenn die Kinder älter sind. Denn bis auf ein ungewöhnliches Herzgeräusch, das sich beim Abhören vernehmen lässt, ist zunächst nichts weiter auffällig. Jedoch verändert sich aufgrund der Engstelle der Aorta langsam die Durchblutung des Körpers. Es entwickelt sich ein Bluthochdruck in der oberen Körperhälfte, der sich auf Dauer negativ auf die Gefäße am Herzen und auch auf das Gehirn auswirken kann.
Unterschiedliche Behandlungsstandards
Eine Aortenisthmusstenose lässt sich heute gut korrigieren. Ziel des Eingriffs ist es, den Bluthochdruck als Langzeitkomplikation zu verhindern. Bei Neugeborenen und Kindern bis zum Alter von zwei Jahren hat sich die Operation als Standard etabliert. Hierbei wird nach Eröffnung des Brustkorbs die Engstelle der Aorta beseitigt. Bei Patientinnen und Patienten ab 18 gilt die Katheter Intervention mit Stent-Implantation als bewährte Methode. Dabei wird ein Katheter zur Engstelle in der Aorta geführt. Er trägt einen kleinen Ballon an der Spitze, der sich erst an der Engstelle der Hauptschlagader öffnet und diese damit weitet. Zusätzlich wird ein über dem Ballon liegendes winziges Metallgeflecht, der Stent, in die geweitete Engstelle eingepasst. Dort verbleibt der Stent und hält die Aorta offen.
Altersgerechte Behandlung sicherstellen
Noch unklar ist, welches Korrekturverfahren für Kleinkinder ab zwei Jahren sowie für Kinder und Jugendliche am vorteilhaftesten ist. Das untersuchen wir jetzt in einer bundesweiten Langzeitstudie. Wir vergleichen dabei die Langzeitergebnisse nach einer Operation und nach einer Katheter-Intervention. Retrospektiv werten wir dabei die Krankheitsverläufe von Teilnehmenden des Nationalen Registers aus, bei denen einer der beiden genannten Eingriffe im Alter zwischen zwei und 18 Jahren erfolgt ist. Auf diese Weise können wir herausfinden, welches der beiden Verfahren den Blutdruck langfristig besser senken kann und damit die wirkungsvollere Therapie darstellt.
Höhere Lebensqualität
Die Erkenntnisse unserer Studie sollen zu neuen Behandlungsstandards beitragen. Ziel ist es, einen altersgerechten und nachhaltig komplikationsfreien Eingriff zu gewährleisten und so auch dauerhaft die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern.

Verantwortlich für das Projekt:
-
© Wolfram Scheible für Nationales Register
Dr. med. Ulrike Bauer
Ulrike Bauer, Jahrgang 1958, ist Wissenschaftliche Geschäftsführerin des Nationalen Registers für angeborene Herzfehler e. V. und des Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler e. V. mehr
Ulrike Bauer hat an der Humboldt-Universität zu Berlin Humanmedizin studiert. Nach ihrer Promotion zur Echokardiographie bei angeborenen Herzfehlern absolvierte sie am Bezirkskrankenhaus in Chemnitz zunächst eine internistische Facharztausbildung bevor sie an das Institut für kardiovaskuläre Diagnostik der Charité Berlin und von dort aus in die Kinderkardiologie des Deutschen Herzzentrums Berlin wechselte. Unter der Leitung von Prof. Dr. Peter E. Lange begann Ulrike Bauer 1997 mit dem Aufbau eines bundesweiten Registers für angeborene Herzfehler. Gemeinsam getragen vom Stiftungsrat des Deutschen Herzzentrums Berlin und den kardiologischen Fachgesellschaften sowie mit Unterstützung durch Eltern- und Patientenverbände ging aus der Initiative von Prof. Dr. Peter E. Lange 2003 der Verein Nationales Register für angeborene Herzfehler e. V. hervor. Im selben Jahr fiel der Startschuss für den aus Mitteln des Bundes finanzierten Aufbau des Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler. Ulrike Bauer ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK), der European Society of Cardiology (ESC), der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK) und der Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC).
Kompetenznetz Angeborene Herzfehler e. V.
Netzwerkzentrale
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin -
© Éva Gréta Schenkhut
Prof. Dr. med. Fabian Alexander Kari
Fabian Kari ist Facharzt für Herzchirurgie und leitender Oberarzt am Europäischen Kinderherzzentrum München. mehr
Fabian Alexander Kari studierte von 2003 bis 2010 Humanmedizin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Von 2011 bis 2018 absolvierte er seine fachärztliche Ausbildung zum Herzchirurgen an der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie in Freiburg und erlangte 2018 seine Facharztanerkennung. Für seine Doktorarbeit über Neuroprotektion bei der thorakalen Aortenreparatur ("summa cum laude") verbrachte er 2007 ein Jahr als Forschungsstipendiat an der Mount Sinai School of Medicine (kardiothorakales Großtierlabor, Randall B. Griepp) in New York. Nach Abschluss des Medizinstudiums (Approbation) im Jahr 2010 absolvierte er ein einjähriges klinisches Forschungsstipendium an der Stanford University mit Schwerpunkt auf funktionellen Ergebnissen nach klappenerhaltender Aortenwurzelchirurgie bei erblicher Bindegewebserkrankung und angeborener Aortenklappenerkrankung (D. Craig Miller). 2018 bildete er sich in New York als Clinical Fellow am Morgan Stanley Children's Hospital of New York-Presbyterian, Columbia University, zur Subspezialisierung in der Kinderherzchirurgie (Emile Bacha) weiter. Fabian Alexander Kari erhielt 2019 die "venia legendi" (Habilitation) für das Fach Herzchirurgie. Von 2019 bis 2023 war er als Herzchirurg am Universitäts-Herzzentrum Freiburg tätig. Seit 2023 ist er leitender Oberarzt am Europäischen Kinderherzzentrum München.
Europäisches Kinderherzzentrum München
Lazarettstr. 36
80636 München