Medizin und Versorgung
EMAH-Risiko Herzschwäche
Studie erforscht Erkrankungsrisiko und Versorgungslage von Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler
Wissenschaftlicher Name der Studie
Epidemiologie, Behandlung und Verlauf von Herzinsuffizienz bei Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH): Auswertung der Daten des Nationalen Registers für angeborene Herzfehler (NRAHF)
Es ist eine große Errungenschaft der Herzmedizin: Selbst mit einem schweren angeborenen Herzfehler erreichen heute die meisten Kinder das Erwachsenenalter. Inzwischen leben in Deutschland mehr Erwachsene als Kinder mit der angeborenen Fehlbildung. Rund zwei Drittel der Patientinnen und Patienten sind erwachsen.
Doch geheilt sind die meisten von ihnen nicht. Erwachsene mit angeborenem Herzfehler (EMAH) sind auf eine lebenslange spezialisierte Nachsorge angewiesen. Denn mit dem Alter steigen die Risiken von Folgeerkrankungen und Komplikationen.
Das Herzschwäche-Risiko
Längst hat sich die Kurve der Sterbefälle aufgrund angeborener Herzfehler von den Kindern zu den Erwachsenen verschoben. Zu den großen Risiken zählt allen voran die Herzinsuffizienz. Wir wollen herausfinden, wie häufig Erwachsene mit angeborenem Herzfehler (EMAH) davon betroffen sind, welche anatomischen und funktionellen Merkmale damit in Zusammenhang stehen, wie der Erkrankung vorgebeugt oder wie sie behandelt wurde, und mit welchem Ergebnis auf lange Sicht.
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Gut zu wissen
Herzinsuffizienz ist vermeid- und behandelbar
Bei ungefähr einem Viertel der Patientinnen und Patienten mit angeborenem Herzfehler tritt im Erwachsenenalter eine Herzschwäche auf. Das trifft auch auf diejenigen zu, deren angeborener Herzfehler in der Kindheit erfolgreich behandelt wurde.
Der Zeitpunkt der Diagnose und der Verlauf der Folgeerkrankung sind dabei je nach Art der Fehlbildung sehr unterschiedlich. Oft bemerken die Betroffenen die Symptome zunächst gar nicht, weil sie sich im Laufe des Lebens an eine verminderte körperliche Belastbarkeit gewöhnt haben.
Auch scheiden mitunter aufgrund der Beschaffenheit des Herzfehlers bewährte Möglichkeiten zur vorbeugenden Behandlung mit entsprechenden Arzneimitteln aus, weil sie ein weiteres großes Risiko darstellen.
Allerdings: Eine Herzschwäche ist oft vermeidbar. Rechtzeitig erkannt ist sie grundsätzlich in den meisten Fällen auch medikamentös behandelbar. Wer sich regelmäßig bei einer auf angeborene Herzfehler bei Erwachsenen spezialisierten Ärztin oder einem entsprechend ausgebildeten Arzt in einem der deutschen EMAH-Zentren zur Kontrolluntersuchung vorstellt, verringert deutlich das Risiko einer zu spät entdeckten Herzinsuffizienz und erhöht die Chance ihrer rechtzeitigen Behandlung.
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Das Nationale Register sammelt, pflegt und aktualisiert seit 2003 bundesweit die freiwillig zur Verfügung gestellten Daten von Patientinnen und Patienten mit angeborenen Herzfehlern.
Auf dieser Grundlage können wir uns erstmals ein klares Bild zu den Risikofaktoren für das Auftreten einer Herzinsuffizienz verschaffen und die Ergebnisse entsprechender Behandlungsmöglichkeiten näher untersuchen. Denn mit Hilfe dieser Daten lassen sich Fragestellungen beantworten, für die die Krankheitsverläufe, Eingriffe und medikamentösen Behandlungen über lange Zeiträume beobachtet und miteinander verglichen werden müssen.
Besonders gefährdete Patientengruppen
Wir wollen herausfinden, welche Faktoren bei EMAH eine Herzinsuffizienz begünstigen und wie sich die Erkrankung bestmöglich behandeln, aber auch wie sich ihr vorbeugen lässt.
Unser Augenmerk gilt zunächst Patientinnen und Patienten, die von einer Transposition der großen Arterien (TGA) nach Vorhofumkehroperation oder von einer kongenital korrigierten TGA (ccTGA), von einer Fallot Tetralogie (ToF) und ihren Varianten oder von einer Ebstein-Anomalie betroffen sind. Denn diese Patientengruppen erkranken besonders häufig an einer Herzinsuffizienz.
Zum Vergleich untersuchen wir zusätzlich die Daten von Patientinnen, die mit einem Vorhofseptumdefekt (ASD) geboren wurden. Diese Patientengruppe gilt nach dem Verschluss des ASD im Kindesalter als geheilt.
Das andere „Normal“
Eine angeborene Herzfehlbildung schafft, auch nach erfolgreicher Korrekturoperation, eine andere „Normalität“ als ein gesundes Herz. Dazu muss intensiv geforscht und aufgeklärt werden, denn das kann zu Fehleinschätzungen der Belastbarkeit, aber auch von Symptomen und Laborwerten und damit zu Entscheidungen führen, die unter Umständen eher schaden als nutzen.
Aus der Klinik wissen wir, dass ein sehr junges Alter zum Zeitpunkt der Korrekturoperation, aber auch der Verzicht auf eine Behandlung mit entsprechenden Herz-Kreislauf-Mitteln dazu führen können, dass aufgrund einer Herzinsuffizienz schon im frühen Erwachsenenalter eine Herztransplantation für notwendig befunden wird.
Dabei kommt der Einsatz von Herzunterstützungssystemen und Kunstherzen, die bis zu einer passenden Organspende vorübergehend die Funktionen des Herzens übernehmen können, nicht immer in Frage. Die anatomische und funktionelle Beschaffenheit mancher Herzfehlbildung lässt dies nicht zu.
Von der Auswertung der Langzeitverläufe auf breiter Datenbasis und einer entsprechenden Charakterisierung der Patientinnen und Patienten erhoffen wir uns daher auch Erkenntnisse zur jeweils besten Therapiemöglichkeit. Denn noch ist die Forschungslage dazu in der wachsenden Patientengruppe der EMAH unbefriedigend.
Registerforschung ist notwendig
Während viele Menschen mit erworbenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei der Behandlung einer Herzinsuffizienz von den Ergebnissen randomisierter Arzneimittelstudien profitieren, trifft das auf Patientinnen und Patienten mit angeborenen Herzfehlern nicht in gleicher Weise zu. Ihr Einschluss in solche Studien ist aufgrund der Vielzahl und Vielfalt der einzelnen Diagnosen aufwändig und entsprechend begrenzt.
Die Analyse der Register-Daten ist daher bedeutsam, weil nur so wichtige Rückschlüsse hinsichtlich der Sicherheit und der Wirksamkeit von Therapieformen gezogen werden können.
Längere Lebenszeit, höhere Lebensqualität
Inzwischen sind aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse randomisierter Studien mit den sogenannten SGLT2-Hemmern neue Medikamente zugelassen. Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie hat ihre Leitlinien zur Behandlung der Herzinsuffizienz entsprechend angepasst. Die klinische Erfahrung lässt vermuten, dass sich diese leitliniengerechte medikamentöse Behandlung auch für Erwachsene mit einer eingeschränkten Pumpfunktion der für den Körperkreislauf zuständigen Herzkammer empfiehlt.
Dieser Annahme wollen wir mit unserem Forschungsprojekt ebenfalls auf den Grund gehen. Die Erkenntnisse der neuen Registerstudie sollen zur Verbesserung der Versorgung bei angeborenen Herzfehlern beitragen. Ziel ist es, Erwachsene mit angeborenem Herzfehler und einem erhöhten Risiko für eine Herzinsuffizienz gut bis ins hohe Lebensalter zu begleiten und ihre Lebensqualität deutlich zu erhöhen.
Verantwortlich für das Projekt:
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Prof. Dr. Dr. med. Gerhard-Paul Diller
Gerhard-Paul Diller ist Direktor der Klinik für Kardiologie III: Angeborene Herzfehler (EMAH) und Klappenerkrankungen am Universitätsklinikum Münster. Als Gastprofessor lehrt er am Imperial College London. mehr
Gerhard-Paul Diller studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Medizin. Der zertifizierte EMAH-Experte mit den Forschungsschwerpunkten Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern und Pulmonale Hypertonie absolvierte einen Großteil seiner klinischen Ausbildung in Großbritannien am Royal Brompton Hospital in London. Er erwarb zudem einen Master of Science in Health Economics Policy and Management der London School of Economics, London, UK. Seit Juli 2024 leitet Gerhard-Paul Diller die Klinik für Kardiologie III: Angeborene Herzfehler (EMAH) und Klappenerkrankungen am Universitätsklinikum Münster. Er ist Vorstandsmitglied der European Heart Rhythm Association, Vorstandsmitglied der ESC-Working-Group Grown Up Congenital Heart Disease sowie stellvertretender Vorsitzender der AG 9 Kongenitale Herzfehler der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK). Gerhard-Paul Diller ist Mitglied des Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler e. V. und gehört dem Gutachtergremium des Forschungsverbundes an.
Universitätsklinikum Münster
Klinik für Kardiologie III: Angeborene Herzfehler (EMAH) und Klappenerkrankungen
Albert-Schweitzer-Campus 1
48149 Münster -
PD Dr. med. Christoph Sinning
Christoph Sinning ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Der EMAH-Spezialist arbeitet als Oberarzt und Leiter Echokardiographie am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE). mehr
Christoph Sinning hat an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn Humanmedizin studiert. Der Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie mit Zusatzqualifikation EMAH-Kardiologie habilitierte sich 2015 im Fach Innere Medizin/Kardiologie mit dem Thema „Biomarker zur Risikostratifikation in der Kardiologie“ und erhielt die Venia legendi. Seit 2017 ist er Oberarzt der Klinik für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie und Leiter des Echokardiographie Labors am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE). Christoph Sinning ist seit 2017 Fellow der European Society of Cardiology (FESC) und sei 2019 Fellow der European Association of Cardiovascular Imaging (FEACVI).
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Universitäres Herz- und Gefäßzentrum Hamburg
Martinistraße 52
Gebäude O 70
20246 Hamburg -
Dr. med. Lucie Kretzler
Lucie Kretzler ist Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie und Leiterin des „Cardiovascular Assessment Moduls“ des Clinical Study Center (CSC) am Berlin Institut of Health (BIH). mehr
Lucie Kretzler hat Humanmedizin an der Karls Universität in Prag studiert. Während ihrer Tätigkeit als Assistenzärztin in Weiterbildung am HELIOS-Klinikum in Pirna von 2012 bis 2017 absolvierte sie ein Promotionsstudium an der Technischen Universität Dresden, das sie mit „magna cum laude“ abschloss. Das Thema ihrer Dissertationsschrift lautet „Analysis of baseline characteristics and clinical outcomes of patients undergoing a percutaneous left atrial appendage occlusion at Pirna Hospital“. Von 2017 bis 2020 arbeitete Lucie Kretzler als Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie am Charité Campus Virchow-Klinikum in Berlin. Seit 2020 ist sie Leiterin des „Cardiovascular Assessment Moduls“ des Clinical Study Center (CSC) am Berlin Institut of Health (BIH).
Deutsches Herzzentrum der Charité
Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin | CBF
Hindenburgdamm 30
Campus Benjamin Franklin (Hauptgebäude Behandlungsbau, Haus VB)
12200 Berlin -
Prof. Dr. med. Anselm Uebing
Anselm Uebing, Jahrgang 1969, ist Direktor der Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel. mehr
Anselm Uebing studierte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Humanmedizin. Seine Ausbildung zum Kinderarzt und Kinderkardiologen absolvierte er am Universitätsklinikum Kiel. Als „London -Toronto Fellow in Adult Congenital Heart Disease“ spezialisierte sich Anselm Uebing während seiner klinisch wissenschaftlichen Ausbildung von 2004 bis 2006 am Royal Brompton Hospital in London auf die Behandlung von Erwachsenen mit einem angeborenen Herzfehler. Von 2006 bis 2010 arbeitete er als Oberarzt an der Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie in Kiel. 2010 wechselte er an das Royal Brompton Hospital London und übernahm hier die Leitung des Herzkatheterlabors der Abteilung für angeborene Herzfehler im Erwachsenenalter. Im Anschluss leitete er von 2017 bis 2019 die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin - Pädiatrische Kardiologie am Universitätsklinikum Münster. Seit April 2019 ist Anselm Uebing Direktor der Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie an der Christian Albrechts Universität zu Kiel (CAU). Anselm Uebing ist Mitglied des Kompetenznetz Angeborene Herzfehler e. V. Er gehört dem Lenkungsausschuss an und ist seit Juni 2022 Vorstandsvorsitzender des Forschungsverbundes. Anselm Uebing ist zudem DZHK-Wissenschaftler am Standort Hamburg/Kiel/Lübeck.
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein - Campus Kiel
Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie
Arnold-Heller-Str. 3
24105 Kiel -
Dr. med. Ulrike Bauer
Ulrike Bauer ist Wissenschaftliche Geschäftsführerin des Nationalen Registers für angeborene Herzfehler e. V. und des Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler e. V. mehr
Ulrike Bauer hat an der Humboldt-Universität zu Berlin Humanmedizin studiert. Nach ihrer Promotion zur Echokardiographie bei angeborenen Herzfehlern absolvierte sie am Bezirkskrankenhaus in Chemnitz zunächst eine internistische Facharztausbildung bevor sie an das Institut für kardiovaskuläre Diagnostik der Charité Berlin und von dort aus in die Kinderkardiologie des Deutschen Herzzentrums Berlin wechselte. Unter der Leitung von Prof. Dr. Peter E. Lange begann Ulrike Bauer 1997 mit dem Aufbau eines bundesweiten Registers für angeborene Herzfehler. Gemeinsam getragen vom Stiftungsrat des Deutschen Herzzentrums Berlin und den kardiologischen Fachgesellschaften sowie mit Unterstützung durch Eltern- und Patientenverbände ging aus der Initiative von Prof. Dr. Peter E. Lange 2003 der Verein Nationales Register für angeborene Herzfehler e. V. hervor. Im selben Jahr fiel der Startschuss für den aus Mitteln des Bundes finanzierten Aufbau des Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler. Ulrike Bauer ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK), der European Society of Cardiology (ESC), der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK) und der Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC).
Kompetenznetz Angeborene Herzfehler e. V.
Netzwerkzentrale
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin