Früherkennung kritischer angeborener Herzfehler: Ein kleines Messgerät mit Lichtsensor am Fuß misst den Sauerstoffgehalt im Blut., iStockphoto.com | manonallard © iStockphoto.com | manonallard

Medizin und Versorgung

Wie gut funktioniert die Früherkennung in Deutschland?

Bundesweite Evaluierung des Pulsoxymetrie-Screenings

Wissenschaftlicher Name der Studie

Evaluation des Pulsoxymetrie-Screenings auf kritische angeborene Herzfehler

Jeder zehnte angeborene Herzfehler ist ein kritischer Herzfehler. Noch vor wenigen Jahrzehnten war ein solcher Befund ein sicheres Todesurteil. Dank der seither immer weiter fortgeschrittenen Diagnoseverfahren und Behandlungsmethoden hat sich das geändert.

Heute können sich viele Kinder auch bei schweren angeborenen Herzfehlern gut entwickeln und ein glückliches Leben führen. Voraussetzung dafür ist die rechtzeitige Behandlung der Herzfehlbildung. Damit kommt der Früherkennung eine hohe Bedeutung zu.

Lücken schließen in der Früherkennung

Trotz der großen Fortschritte in der Diagnostik, etwa beim Ultraschall während der Schwangerschaft, werden nicht alle kritischen Herzfehler vor der Geburt entdeckt. Auch bei der ersten Untersuchung unmittelbar nach der Geburt machen sie sich unter Umständen noch nicht bemerkbar. Eine empfindliche Lücke: Kritische Herzfehler erfordern eine frühzeitige chirurgische oder katheterinterventionelle Behandlung, weil sie das Zusammenspiel aus Körperkreislauf und Lungenkreislauf nach der Geburt lebensbedrohlich behindern.

Seit Januar 2017 gehört daher das Pulsoxymetrie-Screening zu den zusätzlichen Früherkennungsuntersuchungen, die von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt werden. Mit Hilfe einer Manschette am Fuß des Neugeborenen wird dabei 24 bis 48 Stunden nach der Geburt durch einen kleinen Lichtsensor der Sauerstoffgehalt im Blut gemessen. Das nicht invasive Verfahren ist schmerzfrei und dauert nur wenige Sekunden. Ist die Sauerstoffsättigung zu niedrig, kann dies ein Hinweis auf einen kritischen Herzfehler sein.

  • Gut zu wisssen

    Keine Manschetten vor der Manschette

    Früherkennung kritischer angeborener Herzfehler: Ein kleines Messgerät mit Lichtsensor am Fuß misst den Sauerstoffgehalt im Blut. © iStockphoto.com | manonallard
    Früherkennung kritischer angeborener Herzfehler: Ein kleines Messgerät mit Lichtsensor am Fuß misst den Sauerstoffgehalt im Blut.

    In Deutschland geborene und gesetzlich krankenversicherte Neugeborene haben seit vier Jahren Anspruch auf die Teilnahme am Pulsoxymetrie-Screening. Das Früherkennungs-Verfahren tut nicht weh und kann Leben retten. Mittels Manschette oder Kunststoffband wird dazu 24 bis 48 Stunden nach der Geburt ein kleines Messgerät am Fuß des Neugeborenen befestigt, das in Sekundenschnelle den Anteil des Sauerstoffs im Blut bestimmt. Haben die Eltern nach Aufklärung durch den Arzt der freiwilligen Untersuchung zugestimmt, werden die Ergebnisse anschließend auf Seite 5 im Gelben Heft, dem Kinderuntersuchungsheft, dokumentiert, das alle werdenden Eltern erhalten. Nähere Informationen zur Gesundheitsvorsorge und zum Pulsoxymetrie-Screening bei Neugeborenen bieten die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und der Gemeinsame Bundesausschuss G-BA.

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Evaluierung im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses G-BA

Erste Studien sprechen für den Nutzen des Pulsoxymetrie-Screenings. Demnach wurde durchschnittlich bei drei von 10.000 Neugeborenen ein kritischer Herzfehler durch das Früherkennungs-Verfahren festgestellt, der vorher nicht aufgefallen ist. Es besteht daher die berechtigte Hoffnung, dass sich Sterblichkeit und schwere Folgeerkrankungen bei von kritischen angeborenen Herzfehlern Betroffenen durch die flächendeckende Anwendung des Pulsoxymetrie-Screenings weiter verringern lassen. 

Im Auftrag des G-BA überprüfen wir daher Qualität und Ergebnisse des Verfahrens mit besonderem Augenmerk auf die Früherkennung von kritischen angeborenen Herzfehlern bei Neugeborenen.

Das Projekt ist in fünf Teile gegliedert, die zusammen das Evaluationsergebnis liefern:

I. Evaluation des Pulsoxymetrie-Screenings bei ca. 55.000 Geburten in stichprobenartig ausgewählten Geburtseinrichtungen und bei Hebammen in der außerklinischen Geburtshilfe in ganz Deutschland.

II. Jahreserfassung aller in Deutschland ab dem 1. April 2021 geborenen Säuglinge mit einem behandlungsbedürftigen angeborenen Herzfehler.

III. Auswertung der Behandlung aller in der „Nationalen Qualitätssicherung angeborener Herzfehler“ erfassten Patienten, die ab dem 1. April 2021 in Deutschland geboren und operativ oder interventionell behandelt werden.

IV. Auswertung der Krankenkassen- und Versorgungsdaten der Barmer GEK.

V. Elternumfrage unter Registerteilnehmern bei rund 7.000 Eltern von Kindern mit angeborenen Herzfehlern unter neun Jahren.

Wir möchten uns schon jetzt bei allen Eltern bedanken, die mit ihren Kindern an der Evaluation des Pulsoxymetrie-Screenings teilnehmen. Über die Ergebnisse halten wir Sie selbstverständlich auf dem Laufenden.

Verantwortlich für das Projekt:

  • Dr. med. Ulrike Bauer, Wolfram Scheible für Nationales Register © Wolfram Scheible für Nationales Register

    Dr. med. Ulrike Bauer

    Ulrike Bauer ist Wissenschaftliche Geschäftsführerin des Nationalen Registers für angeborene Herzfehler e. V. und des Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler e. V. mehr

    Kompetenznetz Angeborene Herzfehler e. V.
    Netzwerkzentrale

    Augustenburger Platz 1
    13353 Berlin
  • Dr. rer. nat. Joachim Gerß, Dipl.-Stat., Fotozentrale © Fotozentrale

    Dr. rer. nat. Joachim Gerß

    Joachim Gerß ist stellvertretender Direktor des Instituts für Biometrie und Klinische Forschung (IBKF) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

    Westfälische Wilhelms-Universität Münster - Medizinische Fakultät
    Institut für Biometrie und Klinische Forschung

    Schmeddingstraße 56
    48149 Münster
  • Platzhalter Personenbild

    Dr. med. Frank-Thomas Riede

    Frank Thomas Riede ist stellvertretender Klinikdirektor der Universitätsklinik für Kinderkardiologie am Herzzentrum Leipzig.

    Herzzentrum Leipzig
    Klinik für Kinderkardiologie

    Strümpellstr. 39
    04289 Leipzig
  • Dr. rer. medic. Paul Christian Helm, Dipl.-Psych., Wolfram Scheible für Nationales Register © Wolfram Scheible für Nationales Register

    Dr. rer. medic. Paul Christian Helm

    Kompetenznetz Angeborene Herzfehler e. V.
    Netzwerkzentrale

    Augustenburger Platz 1
    13353 Berlin

Ansprechpartner:


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