Genetik
Wenn das Herz nicht links schlägt
Heterotaxien und angeborene Herzfehler
Wissenschaftlicher Name der Studie
1. Identifikation und Analyse von genetischen Varianten der GPCR-Kinase-5 im Zusammenhang mit Heterotaxie
2. Einfluss der Mitochondrienmenge auf die Entwicklung der Links-Rechts-Asymmetrie und des Herzens
„Das Herz am rechten Fleck tragen“ sagt man umgangssprachlich und meint damit, dass jemand sich gut und richtig verhält. Genau genommen liegt das Herz bei einem gesunden Menschen jedoch links in der Brust.
Die Organe suchen sich einen anderen Platz
Es gibt aber auch Menschen, bei denen die inneren Organe genau anders herum angeordnet sind. Einer von rund 8.500 Menschen ist von einer solchen Heterotaxie betroffen; in der Großstadt Frankfurt a. M. beispielsweise wären das statistisch gesehen über 80 Menschen. Diese Erkrankung nennt man Situs inversus und sie bedeutet, dass das Herz und alle anderen Organe asymmetrisch gespiegelt angeordnet sind. Bei einigen Menschen ist diese Ordnung der inneren Organe sogar komplett durcheinander geraten. Patienten mit einem sogenannten Situs ambiguus bzw. einer Heterotaxie sind daran erkennbar, dass jedes Organ sich unabhängig von den anderen seinen eigenen Platz im Körper zu suchen scheint. Die Verteilung von Herz, Leber, Milz und auch die Windung des Darmes wird zufällig. Und damit treten in der Regel auch Komplikationen auf.
Diagnose schon während der Schwangerschaft
Eine Heterotaxie wird häufig schon sehr früh diagnostiziert. Wenn nicht bereits während der Schwangerschaft, dann kurz nach der Geburt. Neugeborene mit einer zufälligen Anordnung der inneren Organe haben oftmals eine bläuliche Hautfarbe, trinken nicht gut und atmen schwer. Diese Symptome können durch einen angeborenen Herzfehler bedingt sein, den beinahe jedes Kind mit Heterotaxie hat.
Mutationen in den Genen können Ursache sein
Obwohl angeborene Herzfehler relativ häufig sind, ist auch heute noch nicht gänzlich geklärt, wodurch sie verursacht werden. Es ist jedoch sicher, dass ein nicht unerheblicher Anteil eine genetische Ursache hat. Mutationen in bestimmten Genen können somit ursächlich für eine Fehlentwicklung des Herzens sein. Dies trifft meistens für Gene zu, die herzspezifisch sind. In bestimmten Fällen ist es aber nicht notwendig, dass ein Gen direkt im Herzen selbst dessen Entwicklung steuert.
Der Körper muss wissen, wo links und rechts ist
Die Festlegung von Körperachsen, die sehr früh in der Entwicklung stattfindet, bestimmt die äußere und innere Form unseres Körpers. Dabei ist die normale Entwicklung der Links-Rechts-Achse und somit einer inneren Asymmetrie besonders für die Bildung und Platzierung des Herzens wichtig. Weiß der Körper nicht, wo seine linke und wo seine rechte Seite sein werden, dann treten Komplikationen in der Anordnung der Organe auf, die äußerlich nicht sichtbar sind. Vor allem aber kann es zu Fehlbildungen des Herzens, also angeborenen Herzfehlern kommen.
Probenspenden aus dem Register helfen uns bei der Forschung
An der Universität Ulm forschen wir an der Entstehung von solchen Herzdefekten, die durch eine irreguläre Bestimmung von links und rechts im Körper bedingt sind. Mithilfe von DNA von Heterotaxiepatienten aus der Biobank des Nationalen Registers für angeborene Herzfehler e. V. suchen wir nach Mutationen in einem Gen, das maßgeblich für die Funktion des erwachsenen Herzens ist. Vorversuche haben uns gezeigt dass dieses Gen eine nicht unerhebliche Rolle in der Determinierung der Organasymmetrie und vor allem in der Entwicklung des Herzens spielt.
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Hintergrund
Veränderungen in GRK5
Erste Ergebnisse der Studie
Die Forscher um Melanie Philipp konnten in einem ersten Schritt Veränderungen in dem Protein kodierenden Gen GRK5 ausfindig machen, die nachweislich an der Entstehung einer Heterotaxie beteiligt sind. Modell für die Untersuchungen stand der Zebrafisch.
Mehr zu den ersten Ergebnissen der Studie lesen Sie hier:
Publikationen
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13.9.2016
The analysis of heterotaxy patients reveals new loss-of-function variants of GRK5.
Lessel D, Muhammad T, Casar Tena T, Moepps B, Burkhalter MD, Hitz MP, Toka O, Rentzsch A, Schubert S, Schalinski A, Bauer UMM, Kubisch C, Ware SM, Philipp M
Scientific reports 6, 33231, (2016). Diese Publikation bei PubMed anzeigen.
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Neuigkeiten
Störfall in den Zellkraftwerken
Weitere Ergebnisse
Seit Mai 2019 liegen nun auch die Ergebnisse zur Forschung an den Mitochondrien vor. Diese Zellkraftwerke spielen im Zusammenhang mit der Entstehung einer Heterotaxie eine größere Rolle als bislang bekannt war.
Publikationen
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16.5.2019
Imbalanced mitochondrial function provokes heterotaxy via aberrant ciliogenesis.
Burkhalter MD, Sridhar A, Sampaio P, Jacinto R, Burczyk MS, Donow C, Angenendt M, , Hempel M, Walther P, Pennekamp P, Omran H, Lopes SS, Ware SM, Philipp M
The Journal of clinical investigation 130, 2841-2855, (2019). Diese Publikation bei PubMed anzeigen.
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Verantwortlich für das Projekt:
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Prof. Dr. rer. nat. Melanie Philipp
Melanie Philipp leitet die Abteilung für Pharmakogenomik am Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Pharmakogenomik am Universitätsklinikum Tübingen. mehr
Melanie Philipp hat an der Universität Würzburg zunächst Pharmazie studiert und nach ihrer Approbation als Apothekerin am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Würzburg promoviert. Ihre Forschungsinteressen führten sie zuerst in die Schweiz an das Zoologische Institut der Universität Zürich und später an das Department of Cell Biology des Duke University Medical Center in Durham, North Carolina, USA bevor sie 2010 nach Ulm wechselte, wo sie bis 2019 die Nachwuchsgruppe am Institute for Biochemistry and Moleculare Biology (IBMB) der Universität Ulm leitete. Die Pharmazeutin und habilitierte Biochemikerin wechselte 2019 als Leiterin der Abteilung für Pharmakogenomik am Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Pharmakogenomik an die Eberhard Karls Universität Tübingen. Sie ist Mitglied des Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler e. V.
Universitätsklinikum Tübingen
Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Pharmakogenomik
Wilhelmstraße 56
Lothar-Meyer-Bau
72074 Tübingen