Herzbotschafter

„Ich lernte erst später, die Welt zu ertasten.“

Raúl, Pädagoge, 31 Jahre © Nationales Register | privat

Raúl

Zwei Tage nach meiner Geburt lief ich blau an. Die Ärzte stellte einen schweren Herzfehler fest, eine sogenannte TGA. Ich wurde sofort in ein Herzzentrum geflogen.

Die Operation verlief gut. In meinen ersten Lebensmonaten konnte ich die Welt um mich herum nur mit den Augen vom Bettchen aus erkunden. Darum musste ich später regelrecht lernen, sie auch zu ertasten. Ich bekam eine Therapie, die mir sehr geholfen hat. Meine Eltern haben meine Fortschritte damals in Filmaufnahmen festgehalten. Noch heute finde ich die Entwicklung wirklich erstaunlich! Und noch immer betrachte ich Dinge sehr genau mit meinen Augen. Das hat vielleicht mit dieser Erfahrung zu tun.

Als Kind habe ich mich nie anders gefühlt als die anderen Kinder.

Von der Operation behielt ich eine große Narbe auf der Brust. Obwohl ich einmal im Jahr zur Untersuchung gehen musste, habe ich mich als Kind nie anders gefühlt als die anderen Kinder. Mein Arzt meinte zwar, ich sei nicht so leistungsfähig wie andere in meinem Alter, doch ich selbst habe das nie so wahrgenommen.

Das gibt mir die Kraft, jeden Tag mit voller Energie zu leben.

Irgendwann in der Pubertät begann die Narbe, mich zu stören. Sie ist ziemlich groß und macht die Brust etwas trichterförmig. Inzwischen habe ich kein Problem mehr damit. Ich habe gelernt, mit meiner Narbe zu leben. Ich bin ein lebensfroher Mensch und fühle mich in keiner Weise beeinträchtigt. Die Narbe erinnert mich heute eher daran, wie kurz das Leben für mich hätte sein können. Das gibt mir auch die Kraft, jeden Tag mit voller Energie zu leben und zu genießen.

Ich habe noch ganz viel vor.

Nach meiner Berufsausbildung habe ich mich entschieden, zu studieren. Ich habe mein Abitur nachgeholt und gerade meiner Bachelor-Arbeit in Pädagogik geschrieben, in Dänemark. Letztes Jahr sind wir, meine Freundin und ich, aufs Land gezogen. Im Mai haben wir geheiratet. Gesundheitlich geht es mir gut. Und wir haben noch ganz viel vor.

Wir sind so was wie Pioniere.

Mir ist es wichtig, meine Daten für die Forschung zur Verfügung zu stellen, damit angeborene Herzfehler künftig noch schneller erkannt und besser behandelt werden. Wer weiß heute schon genau, wie es ist, mit einem angeborenen Herzfehler alt zu werden? Das muss erst noch genau beobachtet und herausgefunden werden. Wir sind ja so etwas wie Pioniere.

OptAHF-Spezial

Diese Seite teilen per ...